Der letzte Abschnitt zeigt vier Beispiele für IFS, die bekannte fraktale Formen hervorbringen. An diesen Formen werden wir auch Gedanken zur Verteilung der Wahrscheinlichkeiten entwickeln.
Bisher schien es so, als ob die Lage der Fixpunkte keine wesentliche Veränderung der Attraktorstruktur verursachen würde. Das Farnblatt-Beispiel zeigt einen Attraktor, der das gewünschte Fraktal nur mit ganz bestimmten relativen Fixpunktpositionen hervorbringt.
Spiel mit dem Chaosspiel
Erforsche die Grundformen Zwillings-, Wirbel-, Sierpinski- und Farnfraktal. Verschiebe die Fixpunkte und teste auch, was passiert, wenn die "Gewichte gleich" gewählt sind.
Tipps: Der Schalter "Testrahmen einblenden" zeigt die geometrischen Abbildungen in der Form an, wie sie im Kapitel über klassische affine Abbildungen dargestellt wurden. Das "Proberechteck" ist diesmal der Rahmen des Zeichenfensters.
Wahrscheinlichkeit oder Gewicht
Bei manchen IFS macht es keinen Unterschied, wenn die Option "Gewichte gleich" ausgewählt wird. Bei anderen ist der Attraktor nur noch ein Schatten seiner selbst und kaum wiederzuerkennen. "Gewicht" steht hier für die Wahrscheinlichkeit, mit der jede Abbildung eines IFS für eine Iteration ausgewählt wird.
Hat man z.B. ein IFS mit drei affinen Abbildungen, bedeutet gleich verteilt, dass die Wahrscheinlichkeit für die Auswahl jeder Abbildung genau ein Drittel beträgt. Bei 3000 Iterationen käme also jede Abbildung ca. 1000 mal an die Reihe, den nächsten Bildpunkt zu berechnen. Für IFS mit gleich kontrahierenden Abbildungen ist das genau richtig, um eine ausgewogene Punkteverteilung zu bekommen. Wenn jedoch eine Abbildung weniger kontrahierend ist als eine andere, hat sie einen größeren Bereich der Ebene, in den sie Bildpunkte zu verteilen hat. Wenn man dieser Abbildung nur gleich viele Punkte wie den anderen zugesteht, sind diese in dem größeren Bereich dünner verteilt.
Ausgewogene Grafiken erhält man also dann, wenn man jeder Abbildung eine Wahrscheinlichkeit proportional zu ihrer Trefferfläche zuteilt. Das macht die Maschine oben automatisch in der Einstellung "Gewichte gleich".
Arbeitsaufträge
Versuche die Fixpunkte beim "Farn" so zu verschieben, dass der Attraktor etwa die halben Maße, aber die gleiche Gestalt hat.
Schaue bei allen IFS die Testrahmen an und klassifiziere die verwendeten affinen Transformationen. Bedenke bei der Abschätzung der Streckfaktoren, dass das "Proberechteck" diesmal das volle Zeichenfenster umfasst. Deine Lösungen kannst du unten kontrollieren.
Lösungen
Beide Transformationen sind Drehstreckungen mit Winkel 30° und Streckfaktor 0,7. Die Wahrscheinlichkeiten betragen jeweils 0,5.
Drehstreckung mit Winkel 27° und Streckfaktor 0,95 und einer Wahrscheinlichkeit von 0,9. Drehstreckung mit Winkel 27° und Streckfaktor -0,3 und einer Wahrscheinlichkeit von 0,1.
Alle 3 Zentrischen Streckungen haben den Faktor 0,5 und die Wahrscheinlichkeit 1/3.
Drehstreckungen mit den Winkeln 2,7°; 50°; -50° dazu Faktoren 0,85; 0,3; 0,3 und Wahrscheinlichkeiten 0,77; 0,1; 0,1. Die Stieltransformation verformt das Proberechteck zu einer Linie mit Längenfaktor 0,16, Wahrscheinlichkeit: 0,03.
Besonderheiten beim Farn
Das Farn-IFS basiert auf vier affinen Transformationen. Es sind nur drei Rahmen zu sehen. Das liegt daran, dass die für den Stiel zuständige Abbildung nicht umkehrbar ist und das Proberechteck auf eine Linie abbildet. Diese liegt da, wo auch der Stiel entsteht und fällt daher nicht auf. Die Lage der Rahmen zeigt, dass jede der Abbildungen bestimmte Teile der Figur erzeugt. Die am wenigstens kontrahierende mit dem größten Rahmen spannt zusammen mit der Stielabbildung das Hauptblatt auf. Die beiden anderen sorgen für die Entstehung der Seitenblätter links und rechts.
Das Collage-Theorem
Der Mathematiker Michael Barnsley hat das Collage-Theorem bewiesen, das besagt, dass man jede beliebige Figur mit verkleinerten Kopien ihrer selbst überdecken kann und dann nur die affinen Abbildungen festhalten muss, die zu den einzelnen Überdeckungen geführt haben. Diese Abbildungen, als IFS zusammengestellt, haben einen Attraktor, der die überdeckte Figur annähert.
Barnsley hat die Firma Iterated Systems gegründet, die ein Patent darauf besitzt, Bilder nach diesem Verfahren als IFS komprimiert sehr platzsparend zu speichern. Die Bilder lassen sich sehr schnell darstellen und sind überdies verlustfrei skalierbar, d.h. man kann sie vergrößern, ohne dass das Bild grober wird. Das sollte auch das Experiment mit der Farnverkleinerung zeigen. Auch beim Zoomen im Abschnitt zur Selbstähnlichkeit konntest du diese Eigenschaft bemerken.
Der Schluss und noch kein Ende: Es folgen die Auswertung und einige Hinweise auf weitere Materialien zum Thema.